heimlich, still und leise ist mein bub ein alter herr geworden. die augen sind trüb und mittlerweile hört er kaum noch etwas. er verschläft oft mehr als 20 stunden des tages, lässt sich sein wasserschüsserl servieren und entspannt sich am besten, wenn ich neben ihm am boden liege in der nacht. er frisst lieber 3-4 kleine portionen futter pro tag - möglichst abwechslungsreich - nur nicht 2 tage hintereinander dassselbe. er benötigt medikamentöse unterstützung. in der ganzen wohnung liegen teppiche, weil er am holzboden keinen guten halt mehr findet. da für weite strecken die muskelkraft nicht mehr ausreicht, besitzt er mittlerweile ein rotes wägelchen mit chauffeurin und geniesst es, zwischen seinen ausflügen herumkutschiert zu werden.
mein tagesablauf ist mehr als in seinen jungen jahren rund um ihn herum geplant, da er zwar immer noch brav alleine zu hause bleibt, es aber scheinbar für ihn mit mehr stress verbunden ist. UND weil es mir unendlich schwer fällt, ihn nicht um mich zu haben, seine atemzüge nicht zu hören.
benjamin begleitet mich nun mittlerweile seit 11 1/2 jahren. wie bei vielen tierschutzhunden ist sein genaues alter nicht bekannt - laut impfpass ist er im dezember 2002 auf die welt geschlüpft - laut tierärztin hat dieses weltbewegende ereignis wohl schon 2 jahre früher stattgefunden. also ist mein bub irgendwo zwischen 13 ein bissl und 15 ein bissl jahre alt.
die alterswehwehchen mehren sich in letzter zeit - die gelenke sind unsere schlimmste baustelle, das herz ist nicht mehr so kräftig und mein goldstück ist schon ein bissl dement.
nichtsdestotrotz scheint er sein leben noch zu geniessen. er ist interessiert an seiner umwelt - die ruhe mit der er jetzt büsche und sträucher erkundet ist wirklich beachtenswert. er liebt hunde - ja, mein ehemals auf hunde angstaggressiver bonsai-schäfer freut sich über jeden vierbeiner, der uns über den weg läuft und möchte alle begrüssen.
jeden tag, wenn ich ihn ansehe, wird mir schmerzlich bewusst, dass unsere lang zusammengewachsene freundschaft auf leisen pfoten unterwegs ist ein ende zu finden.
wäre es nun zeit, einen schlusstrich zu ziehen? ist sein leben nicht mehr toll, weil er nicht mehr herumrennen kann?
woran erkennt man, dass es zeit ist, seinen hund gehen zu lassen? wann ist der gang zum tierarzt nicht mehr aufzuschieben und ein unweigerlicher abschied besiegelt eine tiefgehende
beziehung?
das gehört wohl zu den schwierigsten fragen, die sich hundebesitzerInnen stellen müssen. mit dem tag, an dem ein fellknäuel bei uns einzieht, übernehmen wir auch die verantwortung für diese letzte entscheidung.
wichtig scheint mir, sich nichts einreden zu lassen. hört nicht auf (gutgemeinte) äußerungen von anderen menschen, die euch vielleicht sogar einreden wollen, dass ihr nur aus egoismus euren alten hund noch nicht einschläfern habt lassen. unsere gesellschaft fürchtet sich vor dem alter und versucht alte und/oder kranke möglichst vor öffentlichen blicken abzuschirmen.
niemand, wirklich niemand, kennt den eigenen hund so gut wie der/die hundebesitzerIn. vertraut auf euer wissen, um das wohlergehen eures hundes. ihr lebt mit ihm/ihr zusammen, ihr wisst, wie es ihm/ihr geht, was seine/ihre körpersprache euch sagen möchte.
eingespielte mensch-hund-teams wissen um den physischen und psychischen zustand des jeweils anderen und um die feinen nuancen bei verhaltensveränderungen.
unsere hunde sagen uns auch selbst, wann es zeit ist, sie gehen zu lassen.
benjamin's und mein gemeinsamer weg ist noch nicht zu ende - er ist langsamer, bewusster und intensiver geworden. wir geniessen jeden tag, jede stunde, jede minute, die uns noch geschenkt wird.
Comments