Rote Karte gegen Gewalt im Hundetraining - Gastbeitrag von Karina Kalks
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Gastbeitrag von Karina Kalks - www.mantrail.at

Seit einigen Tagen tauchen in sozialen Medien vermehrt Videos eines mittlerweile in Kärnten tätigen Hundetrainers auf – eines Trainers, der öffentlich darüber philosophiert, wie essenziell Fachwissen in operanter Konditionierung sei.
Gerade deshalb ist umso erschreckender, was in diesen Videos zu sehen ist: die massivste Form positiver Strafe – Tritte, Schläge und sogar der Hinweis, Hunde gezielt in den Bauchraum zu treten. Zudem erklärt der Trainer, Hunde würden nach solchen Schlägen „ruhiger“ und „kooperativer“ werden.
(Positive Strafe bedeutet, dass ein unangenehmer oder störender Reiz hinzugefügt wird, um ein Verhalten zu verringern; der Begriff stammt aus der operanten Konditionierung nach B. F. Skinner, wobei „positiv“ das Hinzufügen eines Reizes beschreibt – unabhängig von dessen moralischer Bewertung. In diesem Fall Tritte und Schläge gegen den Hund)
Wir müssen uns ernsthaft fragen: Wie kann so etwas 2025 noch passieren?
Alle gezeigten Handlungen sind tierschutzrelevant und in manchen Fällen meiner Meinung nach strafrechtlich relevant.
Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig:
Was die Forschung über aversive Methoden zeigt
1. Aversive Trainingsmethoden verursachen Stress, Angst und Verhaltensprobleme
• Vieira de Castro et al., 2020 (PLOS ONE): Hunde, die mit Strafe trainiert werden, zeigen signifikant höhere Stresswerte, mehr Hecheln, mehr Körpersignale von Angst und sogar chronisch erhöhten Stress (gemessen über Cortisol im Speichel und in Haaren).
• Besonders relevant: Diese Hunde zeigen langfristig ein schlechteres Lernverhalten und weniger Problemlösekompetenz.
2. Positive Strafe verschlechtert die Beziehung und das Vertrauen
• Rooney & Cowan, 2011: Strafinstrumente und harsche aversive Methoden führen zu einer schlechteren Mensch-Hund-Beziehung, weniger Vertrauen und mehr Unsicherheit gegenüber dem Halter.
• Hunde, die Gewalt erfahren, orientieren sich weniger am Menschen – das Gegenteil dessen, was ein Trainer erreichen möchte.
3. Aversives Training erhöht das Risiko für Aggression
• Herron et al., 2009: Der Einsatz körperlicher Strafen (Schlagen, Treten, Einschüchterung) erhöht die Wahrscheinlichkeit von Abwehraggression – bis hin zu ernsthaften Bissen.
4. Auch im Kontext der operanten Konditionierung ist klar:
Positive Strafe führt häufig nicht zu „besserem Verhalten“, sondern zu Unterdrückung von Verhalten – begleitet von Angst, Stress und Misstrauen.
Was in den Videos zu sehen ist, ist zwar operante Konditionierung – aber in einer Form, die auf schlichte Gewalt reduziert ist und ethisch völlig untragbar. Dabei stehen uns längst deutlich wirksamere und nachhaltigere Methoden derselben Lerntheorie zur Verfügung, die kaum Nebenwirkungen erzeugen. Dafür bräuchte es jedoch auf Trainerseite fundiertes Wissen über den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Lernverhalten von Wirbeltieren – denn Gewalt kann jeder sofort anwenden, aber kompetentes, strategisches und ethisches Training erfordert Jahre des Lernens.
Dass der betreffende Trainer sich auf operante Konditionierung beruft, macht das Geschehen nicht besser – im Gegenteil: Es zeigt ein eklatantes Missverständnis wissenschaftlicher Grundlagen.
Fazit: Das ist nicht nur tierschutzrelevant – es ist strafrechtlich relevant
Das österreichische Tierschutzgesetz formuliert unmissverständlich:
* § 1 TSchG: Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres als oberster Grundsatz
* § 5 Abs. 1 TSchG: Verbot, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen
* § 5 Abs. 2 Z 11 TSchG: Verbot des Zufügens erheblichen Leids durch Zwangsmaßnahmen in der Ausbildung
* § 13 Abs. 2 TSchG: Verbot, Trainingsmethoden anzuwenden, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind
Und genau deshalb ist es wichtig, solche Vorfälle zu melden und öffentlich klarzustellen:
Modernes Hundetraining basiert auf Wissenschaft, nicht auf Gewalt!
Passt gut auf Eure Hunde auf!
Karina
Unterstützer_innen dieses Beitrags:
Bina Lunzer https://www.happytraining.at/
Grinsehunde https://www.grinsehunde.com





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